Festival talk with Krassimira Stoyanova
18th August
After my Rosenkavalier performance of the festival I took my chances at the signing session and asked the artists if they would be available for an interview for my blog and thankfully it worked out. So I am very pleased to present the first interview on my blog with the phenomenal new Marschallin from Salzburg's new Rosenkavalier production:
Krassimira Stoyanova.
I really would like to thank her from the bottom of my heart for this great chance and the very interesting conversation. Other interviews will be following during the next weeks, so here the interview:
Sie singen ja sehr viel italienisches und französisches
Repertoire, also etwa Verdi oder Puccini, und nehmen jetzt das deutsche
Repertoire in Angriff. Ariadne haben Sie
bereits gesungen, nun die Feldmarschallin, kommen nun mehr deutsche Rollen?
Wenn
ich ehrlich sein soll, ich hätte nie gedacht, dass ich genau in das deutsche
Fach so stürmisch einsteigen werde. Es kommt für mich noch eine Eva aus den
Meistersingern in Bayreuth 2017. Das ist auch für mich selbst eine
Überraschung, aber wahrscheinlich schaffe ich das schon.
Nach der Salzburger Marschallin sollte das doch kein Problem
sein.
Naja, das war nicht leicht, speziell der
Rosenkavalier, das ist ja sozusagen fast eine Visitenkarte für jede Sängerin meines Fachs. Aber ich bin wirklich überglücklich
mit der Rolle. Ich habe sehr hart gearbeitet, obwohl die Zeit für mich sehr
knapp und anstrengend war, aber ich habe mir gedacht es ist wirklich eine Frage
von Stolz und Würde, also muss ich das jetzt machen. Gott sei dank habe ich das
geschafft. Es kommt noch ein weiteres
Strauss-Projekt für mich, aber dazu möchte ich erst einmal noch nichts sagen.
Aber man darf sich also auf mehr Strauss freuen?
Ich
weiß nicht wer sich freuen wird. Strauss, das Publikum oder ich? Oder alle
gemeinsam? Hoffentlich! Deshalb möchte ich noch etwas abwarten. Die Partie ist
sehr schwer und ich möchte mich wirklich gut darauf vorbereiten. Es wird
sowieso bald veröffentlicht.
Gibt es für Sie einen Lieblingskomponisten oder eine
Lieblingsrolle?
Wissen
Sie, es ist schwer zu sagen, ob eine Rolle mir liegt, so als Lieblingsrolle.
Alle meine Rollen sind für mich wie meine Kinder. Ich habe keine Kinder, aber
ich habe soviele Rollen, die für mich wie Kinder sind. Und eigentlich singe ich
ja viel Verdi. Demnächst werde ich meine 13. Verdi-Partie singen, das ist Aida.
Das wird in Rom unter Maestro Muti sein und später auch in München. Wenn ich so
überlege ist Verdi vielleicht der Komponist bei dem ich mich am meisten
wohlfühle.
Worauf achten Sie wenn Sie eine neue Rolle angeboten bekommen
bzw. studieren?
Das
ist fast wie in der Athletik, denn es gibt ja Leichtathletik und schwerere
Disziplinen, wie Gewichtheben etwa. Wenn ein Athlet nur 70 Kilo wiegt, darf er
natürlich nicht 300 Kilo Gewichte stemmen. Das ist im Gesang auch so. Ich muss
sehen, ob die Partie nicht so ein „Übergewicht“ für mich ist, sondern genau für
meine Stimme, sozusagen nach meinem Maß, geschneidert ist.
Wie stehen Sie zur Gattung Lied? Strauss‘ vier letzte Lieder
etwa haben Sie bereits gesungen. Dem Liedgesang wird ja oft eine der Stimme
wohltuende Wirkung nachgesagt. Können Sie das bestätigen?
Ja,
ich liebe Lieder. Wissen Sie, Lieder sind wie kleine Monologe. In diesen
Monologen müssen wir eine ganze Welt zeigen, eine Geschichte erzählen und das
ist nicht einfach. Es gibt kein Kostüm, keine Bühne, kein Dekor. Alles dreht
sich nur um den Gesang und die Geschichte, die darin passiert. Es ist beinahe
als wäre man nackt. Wenn ich eine längere Zeit an Liedern arbeite, dann fühlt
sich die Stimme wie neu. Es ist wie in einem Labor, alles ist sauber und
geputzt, fast wie eine Stimm-kur.
Wir haben bereits darüber geredet, dass Sie oft mit Verdi in
Verbindung gebracht werden. Was denken Sie macht Verdis Musik so packend und
spannend?
Diese
semplicità, dieser einfache Kontakt. Verdi war so genial, bei ihm ist alles so
einfach, direkt und extrem berührend. Gerade in diesem Moment läuft im
Festspielhaus Trovatore, nehmen wir also dieses Beispiel. Da folgt ein Hit dem
anderen, jede Arie ist so berührend, jede Chorszene ist so berührend, aber
wieso eigentlich? Weil das so einfach Melodien sind, die aber so spontan , von der Seele und von Gott gekommen mit
diesen tollen Harmonien und natürlich ist die Musik auch so grandios mit dem
Text verbunden. Und apropos, das finde ich bei jedem genialen Komponisten so
interessant: die Verbindung Melodie und Text. Das macht eigentlich das Gesamte
aus.
So wie Wagners Gesamtkunstwerk etwa.
Genau,
ohne den Text wäre die Melodie so leer und ohne die Melodie wäre Text einfach
sehr schwach.
Haben Sie ein sängerisches Vorbild?
Ich
glaube jeder Sänger versucht einfach 100% von sich zu geben. In all seinen
Vorbereitungen Kunst zu machen, was ja sehr schwer ist und viel Arbeit
bedeutet. Ich denke für uns ist es heute sehr leicht ein Vorbild zu haben. Wir
müssen nur auf einen Knopf eines Gerätes drücken oder im Internet schauen und
schon haben wir Maria Callas, Mirella Freni, Maestro Muti…
Oder Krassimira Stoyanova.
(lacht)
Dankeschön. Es ist so einfach diese Aufnahmen zu hören, aber das ist auch
gefährlich. Ich frage mich, woher etwa eine Rosa Ponsell gewusst hat, wie sie
Traviata oder Carmen singen soll. Das bedeutet also, dass wir sehr streng mit
uns sein müssen und zwischen den Zeilen der Partitur lesen müssen. Es steht
alles in der Musik, denn der Komponist oder Poet hat alles schon geschrieben,
wir müssen es einfach nur lesen und ausarbeiten.
Was halten Sie beim Singen für wichtig? Damit wären wir ja
auch schon wieder bei einem alten Thema: Prima la musica oder prime le parole?
Nun,
für mich ist es wirklich sehr interessant diese Verbindung zwischen Musik und
Wort zu sehen. Ich wiederhole mich vielleicht, aber es ist wirklich wahr. Die
großen Komponisten haben ihre ganz besonderen Harmonien nur deshalb gefunden,
weil das Wort auf Sie gewirkt hat. Wahrscheinlich ist also erst die Poesie – es
steht ja auch in der Bibel: „Zuerst war das Wort“ – und diese Poesie bzw. das
Wort hat eine sehr starke Energie. Ohne diese Energie könnten wir damit nichts
anfangen. Selbst ohne das Wort direkt
auszusprechen haben wir diese Energie im Gehirn, nicht wahr?
Viele Leute meinen ja, dass die Anforderungen an junge
Sänger heutzutage viel höher sind als früher. Wir haben bereits über das
Problem der Aufnahmenvergleiche gesprochen. Wie sehen sie das, ist es heute
wirklich schwerer?
Es
gibt einfach soviele Sänger heute. Es sind tausend, abertausende und ich weiß
nicht wie viele es früher waren, aber sicher weniger als heute. Für junge
Sänger ist es auf jeden Fall sicher nicht leicht heute, aber man darf auch
nicht vergessen, dass man zuallererst einmal Talent braucht. Talent und dann
dieses Feuer von Innen – il fuoco – ohne welches es nicht schaffbar ist. Wir
müssen ein bisschen verrückt sein, etwas krank aus Liebe zum Gesang. Diese
noble Krankheit hilft allerdings auch sehr und ich denke jeder hat seine
Chance, aber zuerst muss man natürlich auf diese vorbereitet sein.
Was denken Sie über das Gesangsstudium allgemein?
Das
ist eine wichtige Sache, sehr wichtig sogar. Die Sänger müssen viel wissen und
zwar nicht nur musikalisch, sondern ein breites Spektrum. Kunstgeschichte,
Musikgeschichte, wenn sie möchten auch Chemie oder Physik, denn das tut gut.
Dadurch kann man sich einfach viel erklären und davon kommt, meiner Meinung
nach, auch die Weisheit. Wenn ein Sänger jung ist hat er viel Kraft und
jugendlichen Eifer, was einfach toll ist, aber es gehört auch eine gewisse
Reife dazu. Man kann ja auch jung UND reif sein. Viele Leute sterben ja,
Verzeihung wenn ich das so sage, alt und unreif und das muss ja nicht sein. Ein
weiser Mensch hat einmal gesagt: Wer aufhört sich zu entwickeln ist bereits
tot.
Unterrichten Sie selbst? Finden Sie es wichtig
beispielsweise Meisterklassen zu geben?
Ja,
das macht mir erstens Spaß, weil ich gerne helfe und zweitens gefällt es mir zu
verstehen, wo das Problem liegt. Ich habe gerne aktive intelligente Leute vor
mir und mit ihnen zu arbeiten macht mir große Freunde und gibt mir viel
Energie.
Ihr Terminkalender ist ja wirklich brechend voll, was kommt
in Zukunft neben Meistersingern und Aida
noch auf Sie zu?
Ich
werde auf jeden Fall keine Azucena singen (lacht). Nein, Spaß beiseite, es
kommt wahrscheinlich noch eine weitere Verdi-Partie, eine Mathilde in Wilhelm
Tell, Manon Lescaut wird kommen und noch viele andere unglaublich schöne
Sachen.
Was verbinden Sie mit den Salzburger Festspielen?
Ach,
ich habe 2003 hier zum ersten Mal gesungen als Antonia in Hofmannstals
Erzählungen in der wunderschönen Inszenierung von David McVicar. Leider fand
die Presse die Produktion so kitschig, dass die Wiederaufnahme zwei Jahre
später nicht stattfand, was sehr schade war. Sonst verbinden mich mit Salzburg
viele schöne Konzerte, jetzt natürlich
auch der neue Rosenkavalier und auch die neue Strauss-Serie in ein paar Jahren.
Auch in Salzburg?
Ja
genau, aber das ist eben noch nicht ganz offiziell.
Der neue Rosenkavalier hier in Salzburg hat sowohl von der
Presse als auch vom Publikum großes Lob und Anerkennung erhalten, nicht zuletzt
wegen ihrem bahnbrechenden Debut als Marschallin. Wie erleben Sie diesen
Jubiläums-Rosenkavalier?
Ich
bin wirklich überglücklich, genau in diesem Jahr, dem Strauss-Jahr, als
Bulgarin diese Rolle zu singen, die ja sozusagen ein Heiligtum für das
deutschsprachige Publikum ist, welches am besten von einer österreichischen,
deutschen oder vielleicht noch amerikanischen Sängerin gesungen wird. Umso mehr
freut es mich, dass ich mit dieser Rolle vom Publikum so freundlich aufgenommen
wurde. Auch weil es ja früher eine andere bulgarische Sängerin gegeben hat, die
die Marschallin unter Karajan sehr erfolgreich gesungen hat: Anna
Tomowa-Sintow. Und deshalb bin ich wirklich stolz, dass ich diesen Weg
sozusagen weitergehe. Noch dazu ist es wirklich lustig, wenn die Leute mich auf
der Straße fragen: „Sind Sie die Marschallin?“ und ich antworte „Ja, ich bin
die Marschallin“. Es ist beinahe als hätte ich einen neuen Beruf, als
Marschallin (lacht).
Wie sehen Sie die Figur der Marschallin und wie liegt Ihnen
diese Rolle stimmlich?
Ach,
stimmlich perfekt finde ich, obwohl sie schon sehr anstrengend ist. Viele Stellen
liegen in der Mittellage, nicht in den schönen Registern der Sopranstimme,
sondern etwas tiefer. Ich glaube das hat auch einen Sinn: er wollte keine zu
blühenden Töne, sondern mehr Charakter. Einfach eine reife Frau ohne viele
Allüren. Die Marschallin ist eine sehr interessante Figur, sehr klug, sehr
intelligent. Wissen sie, die Marschallin ist eigentlich eine sehr moderne Frau.
Wenn man denkt wer diese Frau ist. Sie kam aus dem Kloster und wurde
verheiratet. Schrecklich, nicht wahr?
Aber ist sehr speziell und diese
Geschichte mit Octavian zeigt ja wie nobel und selbstlos sie ist.
Und zu guter letzt, Ihnen wurde ja mit Günther Groissböck
ein ganz neuer Typ von Ochs zur Seite gestellt, was halten Sie von dieser
Deutung?
Ja,
ein Macho! Wunderschön eigentlich. Ich finde Günther macht daraus einen sehr
interessanten Charakter. Nicht bloß einen alten, eindimensionalen, dicken
Trottel, sondern einen frechen, gutaussehenden Macho mit viel
Selbstbewusstsein. Das ist einfach schick und passt wirklich wunderbar.